Medienmitteilung der Kommission für Staat und Gemeinden
Die Kommission für Staat und Gemeinden beantragt dem Kantonsrat mit 10:5 Stimmen, das so genannte konstruktive Referendum (Referendum mit Gegenvorschlag von Stimmberechtigten) abzuschaffen.
Mit der neuen Kantonsverfassung wurde 2005 ein neues Volksrecht eingeführt, das Referendum mit Gegenvorschlag von Stimmberechtigten. 3000 Stimmberechtigte können zu einer Vorlage des Kantonsrates innert 60 Tagen einen ausformulierten Gegenvorschlag einreichen. Das neue Instrument wurde bereits mehrmals benutzt, beispiesweise beim Gesetz über die ärztlichen Zusatzhonorare, beim Steuergesetz (Steuerentlastung für natürliche Personen) oder letztmals beim Kantonalen Bürgerrechtsgesetz.
Das Referendum mit Gegenvorschlag von Stimmberechtigten sollte verhindern, dass eine Vorlage wegen einer einzelnen, umstrittenen Regelung abgelehnt wird. Mit der aktiven Einbindung der Stimmberechtigten in den Gesetzgebungsprozess sollte ein Gegengewicht zum bewahrenden Charakter des einfachen Referendums gesetzt werden, welches oft als blosse Verhinderung empfunden wurde. Das neue Instrument wird deshalb auch konstruktives Referendum genannt.
Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass damit teilweise „Rosinenpickerei“ betrieben werden kann. Dadurch verliert eine Vorlage ihre ausgehandelte Ausgewogenheit. Die Kompromissfindung im Kantonsrat wird erschwert, wenn partikuläre Interessen nachträglich mittels Referendum nochmals aufgebracht werden können. Schliesslich hat gerade die Abstimmung zum Steuergesetz gezeigt, dass das Abstimmungsverfahren sehr kompliziert wird, wenn mehrere Referenden mit Gegenvorschlag eingereicht werden.
Die rege Nutzung des konstruktiven Referendums ist auch darauf zurückzuführen, dass es mit relativ wenig Aufwand verbunden ist. Zur Debatte stand deshalb, die Anforderungen zu erhöhen, indem beispielsweise die Unterschriftenzahl erhöht wird, wie es mit der Parlamentarischen Initiative Germann, KR-Nr. 323/2009 gefordert wurde. Mit leichten Anpassungen wegen der „Kinderkrankheiten“ hätten weitere Erfahrungen mit diesem Instrument, das schliesslich erst seit wenigen Jahren existiert, gesammelt werden können.
Konsequenterweise hätte dann aber das ganze Gefüge der Volksrechte überprüft werden müssen, also auch die Anforderungen an die Volksinitiative, was keine Befürworter fand. Ausserdem hätte die Erhöhung der Unterschriftenzahl die offensichtlichen Nachteile des Instruments nicht beseitigen können. Die Kommissionsminderheit entschied sich schliesslich dafür, das konstruktive Referendum vorderhand nicht zu verändern und im Gegenteil noch etwas mehr Erfahrung zu sammeln, bevor ein endgültiges Urteil über dieses Instrument der demokratischen Mitwirkung gefällt wird. Sie beantragt deshalb, beide parlamentarischen Initiativen abzulehnen.
Die Kommissionmehrheit kam hingegen zur Ansicht, dass die übrigen Volksrechte die Einflussnahme durch die Stimmberechtigen in angemessener Weise sichern. Sie beantragt dem Kantonsrat daher, die Parlamentarische Initiative Germann abzulehnen, dafür in Zustimmung zur Parlamentarischen Initiative Zanetti die Kantonsverfassung zu ändern und das Referendum mit Gegenvorschlag von Stimmberechtigten wieder abzuschaffen.