Seit Jahren lebt der Kanton Zürich über seine Verhältnisse. Zwar führten die von der SVP durchgesetzten Steuersenkungen zu einer leichten Verlangsamung des Aufwandanstiegs, doch der findige Staatsapparat holt sich sein Geld nun vermehrt über Gebühren und Abgaben – oder er verschuldet sich. Allein bis 2012 sollen die Schulden nach dem Willen unserer – bürgerlichen – Regierung um 70 Prozent steigen. Hier hilft nur noch Zwang, brutaler Zwang. Kein Wunder dass sich die Regierung gegen die Volksinitiative der SVP wehrt.
Wir erleben in diesen Tagen, wie wichtig handlungsfähige Staatswesen wären. Nicht alle Staaten sind schliesslich in der Lage und gewillt, ihre Interessen, wenn sie es für nötig erachten, mit militärischer Gewalt durchsetzen. Normalerweise brauchen Staaten Geld, um etwas bewirken zu können. Auch wenn unsere Regierenden diese simple Tatsachen gerne verdrängen, etwa wenn sie das Klima oder das globale Finanzsystem retten wollen.
Zwar wird viel von der Bedeutung „gesunde Staatsfinanzen“ geredet, doch kaum eine Regierung setzt sich wirklich ein für einen schlanken Staat, einen Aufwand, der unter Kontrolle ist, tiefe Schulden und tiefe Steuern. Dabei würde gerade Letzteres die Möglichkeit beinhalten, die Steuern dann zu erhöhen, wenn es plötzlich nötig sein sollte. Wenn die Steuern bereits hoch sind, und das sind sie in aller Regel, sind Steuererhöhungen bedeutend schwieriger durchzusetzen.
Die Volksinitiative „Schluss mit der Schuldenwirtschaft zu Lasten unserer Kinder!“ hat eine konkrete Ursache: Als sich nämlich abzeichnete, dass der Kanton Zürich in den Genuss eines unerwarteten „Goldsegens“ von 1,6 Mia. Franken kommen soll, läuteten bei den Ordnungspolitikern die Alarmglocken. Es war zu befürchten, dass das Geld ausgeben war, bevor der Eingang auf dem Konto der Kantonalbank verbucht war.
Und tatsächlich, die Linken liessen mit ihren Vorschlägen nicht lange auf sich warten. Sie reichten eine Parlamentarische Initiative ein und verlangten die Gründung einer Stiftung zur Förderung von nachhaltigen Pioniervorhaben etwa im Bereich der Umwelt- und Sozialwissenschaften. – Da musste die SVP natürlich reagieren.
Zwischen Aufwand und Ertrag klafft eine Lücke
Der Kanton Zürich hat ein Ausgabenproblem: Wie andere Gemeinwesen neigt auch der Kanton Zürich dazu, kontinuierlich zu wachsen und über seine Verhältnisse zu leben: Sind die Einnahmen seit dem Jahr 2000 um 10 Prozent gestiegen, wuchs der Aufwand im gleichen Zeitraum um 14,2 Prozent.
Bis 2012 soll das so weitergehen: der Ertrag steigt um 6,6 Prozent, der Aufwand um 11,1 Prozent.
[Die unterschiedlichen Werte für das Jahr 2008 rühren davon, dass dieses Jahr neue Regeln für die Rechenlegung gelten.]
Die Einnahmen hinken den Ausgaben hinterher. Darum strebt der Staatsapparat ständig nach neuen Einnahmequellen, und wenn ihm der Weg über die direkten Steuern verbaut ist, weicht er auf indirekte Steuern und Gebühren aus – oder er häuft Schulden an. Und diese Schulden müssen irgendwann zurückbezahlt werden. Die Frage ist nur „wann?“ und „wie?“.
Die ordnungspolitischen Tugend verlangt, dass derjenige, der Schulden hat, diese im Interesse seiner Nachkommen zurückbezahlt, wenn er zu Geld kommt. Nur so ist ein Staat gerüstet, wenn die Zeiten schlechter werden, und bereits in den nächsten Jahren ist mit substantiellen Steuerausfällen zu rechnen.
Politiker wüssten genau, was das Volk will
Vom früheren sozialdemokratischen Finanzminister Otto Stich stammt der Ausspruch, dass viel eher ein Hund einen Vorrat an Würsten anlegt, als der Staat einen Vorrat an Geld. – Das stimmt. Es waren dann aber trotzdem vor allem bürgerliche Politiker, die sich der Problematik annahmen und versuchen, mit Hilfe gesetzlicher Massnahmen korrigierend einzugreifen. Sie schufen Ausgaben- und Schuldenbremsen, die in Volksabstimmungen jeweils grosse Mehrheiten auf sich verbuchen konnten.
Das Stimmvolk weiss offenbar, dass noch nie in der Geschichte der Menschheit ein Staat zu Tode gespart worden ist. Hingegen sind zahlreiche Staaten gescheitert, weil sich der Apparat nicht mehr finanzieren liess. Um das zu verhindern muss der Staatsapparat zum Masshalten gezwungen werden.
Unsere Volksinitiative bringt eine leichte Verschärfung des bisherigen Instrumentariums, mit dem der kantonale Finanzhaushalt in Ordnung gebracht werden soll. Verlangt wird, dass Ausschüttungen der Nationalbank wie auch Erträge aus allfälligen künftigen Privatisierungen vollumfänglich für die Schuldentilgung zu verwenden sind.
Der Zusatz, dass solches Geld bei der Berücksichtigung des mittelfristigen Haushaltausgleichs nicht berücksichtigt werden darf, ist sehr wichtig und übrigens eine Idee eines früheren Finanzdirektors. So wird nämlich verhindert, dass die Mechanismen der Ausgabenbremse – übrigens eine freisinnige Erfindung – ausser Kraft gesetzt werden.
Genau das ist nämlich passiert, als die erwähnten 1,6 Mia. Franken in Zürich eintrafen. Ohne dieses Geld hätte der Regierungsrat ein weiteres Sanierungspaket vorlegen müssen. So aber konnte er sich zurücklehnen und sagen, der mittelfristige Ausgleich sei gewährt, ja es wurde sogar argumentiert es fehle plötzlich die gesetzliche Grundlage für ein Sparpaket. Als hätten sie je um Erlaubnis fragen müssen, um sparen zu dürfen.
Heute sehen wir, das Geld ist aufgebraucht, und der Regierungsrat sieht sich gezwungen, die Schulden zu erhöhen, weil das einfacher ist, als sich gegenüber einer Verwaltung durchzusetzen, die von einer Senkung der Kosten nichts wissen will.