„Du sollst keine Schweizer Sonntagszeitungen lesen!“ Seit Jahren bin ich dieser Meinung und halte mich an diese Regel. Vergangenen Sonntag verstiess ich allerdings dagegen und erfuhr, wie Genosse Christian Levrat den Islam zu reformieren gedenkt. – Man sollte wirklich keine Schweizer Sonntagszeitungen lesen…
Es ist schon fast unappetitlich, wie sich selbst ernannte Qualitätsjournalisten, die von Werbung der Privatwirtschaft leben, zum Lautsprecher eines Sozialistenführers machen. Was Denis von Burg, Leiter der Bundeshausredaktion und Chef des Ressort „Politik“, und der zum Blatt mit den grossen Buchstaben wechselnde Pascal Tischhauser den Lesern der SonntagsZeitung servierten, war eine sonntägliche Plauderei unter Freunden. Nur eine einzige Frage kann man mit viel gutem Willen als kritisch bezeichnen. Als kritisch aber ziemlich dämlich: „Machen Sie [mit dem Thema Islamisierung] Wahlkampf?“ Warum sollte man es einem Parteipräsidenten zum Vorwurf machen, wenn er dafür kämpft, bei der nächsten Wahl möglichst viele Stimmen zu machen? Ist nicht genau das das Ziel einer Wahl?
Dafür wäre die Frage nach der politischen Mehrheitsfähigkeit von Levrats Forderungen angezeigt gewesen. Im Kanton Zürich wurde das Anliegen 2003 jedenfalls wuchtig verworfen, und die muslimische PR war seither nicht darauf angelegt, Sympathien zu gewinnen – zumindest nicht unter Menschen, die Gewalt und Terror ablehnen. Auch ein Hinweis, dass die Kompetenz über Fragen der Religionen von den Kantonen eifersüchtig gehütet wird, fehlt natürlich.
Schon die Einleitung zu dem Gefälligkeits-Interview hat es in sich. Es lohnt sich darum, sie wörtlich wiederzugeben: „SP-Präsident Christian Levrat und seine Partei wollen die muslimischen Religionsgemeinschaften in die Pflicht nehmen und sie gleichzeitig als Religionsgemeinschaften wie Katholiken und Reformierte anerkennen. Die Genossen sind daran, eine «Roadmap zu einem Schweizer Islam» zu entwickeln. Darin soll definiert werden, welche Rechte und Pflichten muslimische Gemeinschaften haben. Grundsätzlich sollen sie demokratisch sein, sich zu einem modernen Islam bekennen und im Gegenzug Steuern einziehen dürfen.“
Leider erkennen die stichwortgebenden Qualitätsjournalisten die offensichtliche Hybris, den Grössenwahn, der Genossen nicht. Ganz im Gegenteil, sie lassen Christian Levrat reden, als sei er der oberster Lehensherr in einem Feudalstaat oder ein Mafiaboss, der „Respekt“ fordert und dafür im Gegenzug Pfründen und Schutz gewährt. Und was könnte für einen Sozialisten verlockender sein, als das Recht, Steuern einzuziehen?
Warten 1,8 Milliarden Muslime auf die Schweiz?
Er wolle muslimischen Religionsgemeinschaften auch „in die Pflicht nehmen“, lässt Levrat über seine Herolde verkünden. Als „animal politique“ weiss er natürlich, dass eine solche Forderung dem Publikum gefällt. Wenn staatliche Anerkennung und Steuern das Zuckerbrot sind, macht sich etwas Peitsche immer gut. Doch, als Jurist weiss Levrat auch, dass ein Rechtsstaat keine Religionsgemeinschaft besonders in die Pflicht nehmen darf. Der Rechtsstaat muss gegenüber Muslimen – wie auch gegenüber allen anderen – das Recht durchsetzen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Genosse Levrat belässt es darum bei einem Appell „an die islamische Glaubensgemeinschaft“: „Werdet transparenter. Baut in den Gemeinden und Kantonen demokratische Strukturen auf. Und verpflichtet euch zu einer zeitgemässen Koranauslegung. Seid gemeinnützig tätig und organisiert Bildungsangebote für die Mitglieder. Und vor allem, setzt euch für die Gleichberechtigung von Mann und Frau ein.“ – Alles wunderbar! Das wird aber frommer Wunsch bleiben und hat mit „in-die-Pflicht-nehmen“ nichts zu tun.
In einem Punkt gebe ich Christian Levrat recht: Man kann tatsächlich gegen die Burka aber auch gegen deren Verbot sein. Nur ist damit noch kein Problem, das die Islamisierung Europas mit sich bringt, gelöst. Unseren beiden Qualitätsjournalisten vom Dienst, von Burg und Tischhauser, fällt das natürlich nicht auf. Sie fragen nicht einmal, was denn mit jenen Muslimen geschehen soll, die sich einen Deut um solche Utopien scheren.
Noch nie hat ein gesunder Apfel kranke angesteckt
Auch Levrats Hauptthese wird ins Blatt gerückt, als wäre der SP-Präsident selber als Blattmacher tätig gewesen. Dass die Sozis schon den Nachweis schuldig geblieben sind, dass Einbürgerungen die Integration beschleunigten, anstatt den Abschluss eines Prozess zu bilden, bleibt unerwähnt. Darum fahren sie nun mit schwererem Geschütz auf. Die Anerkennung als Landeskirche, so die Theorie, wirke sich zivilisierend auf den Islam hierzulande aus, ja dieser werde sich als „Schweizer Islam“ aus der Umma von weltweit 1,8 Milliarden Muslimen abheben und diese wiederum positiv beeinflussen. – Als hätte je ein gesunder Apfel kranke Äpfel angesteckt.
Tatsache ist, und jeder Zeitgenosse, der sich nicht nur über unsere zwangsgebührenfinanzierten Staatsmedien informiert, weiss das, dass der Islam nur dort friedlich ist, wo er zahlenmässig nichts zu bestellen hat. Sobald er sich stark genug wähnt, beginnen die Probleme. Plötzlich werden aus muslimischen Glaubensüberzeugungen heraus Pflichten und Beschränkungen für Andersgläubige, die zudem als Nichtgläubige beschimpft werden, abgeleitet. Das Morden und Brandschatzen im Nachgang zur Veröffentlichung einiger Mohammed-Karikaturen sowie der Anschlag auf die Redaktion den französischen Satiremagazins „Charlie Hebdo“ waren Machtdemonstrationen zur Disziplinierung westlicher Demokratien. Und sie waren erfolgreich. „Der Westen“ ist weniger freiheitlich wie zu Beginn des Jahrtausends. Selbst für ehern gehaltenen Prinzipien der Aufklärung werden infrage gestellt. In Frankreich wurde der Ausnahmezustand zum Dauerzustand, und Deutschland gab sich mit dem „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ ein die Meinungsäusserungsfreiheit zerstörendes Regelwerk, das vom inzwischen zurückgetretenen Sozialisten Robert Mugabe stammen könnte, tatsächlich aber vom abgewählten Sozialisten Heiko Maas stammt.
Je muslimischer, desto unfreiheitlicher
Es gibt kein Beispiel, das Levrats naive These unterstützt. Wohl aber für die Gegenthese. Die individuelle Freiheit und die Errungenschaften der Aufklärung stehen in einem umgekehrt-proportionalen Verhältnis zur Stärke des Islams in einer Gesellschaft. Wo er offizielle Staatsreligion ist, werden andere Religionen verfolgt, Frauen unterdrückt und Homosexuelle an Kränen aufgeknüpft oder von Hausdächern gestützt. Dazu fiel weder von Burg noch Tischhauser etwas ein.
Levrat will das Gespräch suchen. Gut, dann sollte er aber auch zuhören. Fanatiker machen nämlich in aller Regel keinen Hehl aus ihren politischen Absichten. Warum sollten sie auch? Sie sind beseelt von ihrer Mission und fühlen sich im Recht. Ja, häufig sind sie auf ihre Untaten sogar stolz. Das müsste sich die Gesellschaft im Umgang mit dieser besonderen Kategorie von Verbrechern eigentlich zu Nutze machen. Doch leider ziehen es unsere Verantwortlichen und Intellektuellen immer wieder vor, sich die Realität den eigenen Vorstellungen nach zurechtzurücken. Von kritischem Denken und Fragen ist nicht viel zu spüren. Kritisiert werden dafür jene, die die fortschreitende Islamisierung kritisieren. Genosse Levrat bildet da keine Ausnahme.
Extremisten stehen zu ihren Zielen
Manch eine Katastrophe der Menschheitsgeschichte hätte verhindert werden können, wenn man politische oder religiöse Strömungen ernst genommen und sich darauf eingestellt hätte. Auch Hitler und seine Spiessgesellen machten nie einen Hehl aus ihren Absichten. Bereits 1925 legte der verurteilte Putschist Hitler in „Mein Kampf“ dar, was für eine Gesellschaftsordnung zu schaffen er bestrebt war. Und im Wahlkampf 1928, also in der Absicht, damit Stimmen zu gewinnen, erklärte Joseph Goebbels unumwunden: „Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit deren eigener Gesinnung lahm zu legen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache… Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in eine Schafherde einbricht, so kommen wir.“
Man hielt das für leeres Gerede, oder man glaubte, Hitler irgendwann doch noch stoppen zu können. Die Demokratie gab ihren Feinden bereitwillig die Waffen zu ihrer eigenen Zerstörung in die Hände. Hitler musste die Macht nie ergreifen. Sie wurde ihm vielmehr von „lösungsorientierten“ oder, wie man heute euphemistisch sagt, von „pragmatischen“ Politikern, angetragen. Man hat die Gefahr des Nationalsozialismus unterschätzt. Die Folgen waren verheerend.
Nach Nationalsozialismus und Kommunismus der Islamismus
Auch die muslimischen Radikalen unserer Tage lassen keinen Zweifel daran aufkommen, was sie von der Demokratie halten: Nichts. Sie wollen sie abschaffen und durch ein auf der Scharia basierendes politisches System ersetzen. Ebenso klar ist, dass sie sich dazu der Mittel bedienen, die ihnen die Demokratie dafür bietet. Etwa, wenn sich schnell beleidigte Muslime auf das vom freiheitlichen Rechtsstaat garantierte Diskriminierungsverbot berufen.
Recep Tayyip Erdoğan, mit dem die Wertegemeinschaft nach wie vor Beitrittsverhandlungen führt, heizte seine Anhänger 1997 mit vier Zeilen des islamischen Dichters Ziya Gökalp an. Darin heisst es: „Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Kuppeln unsere Helme, die Minarette unsere Bajonette und die Gläubigen unsere Soldaten.“ Er musste daraufhin ins Gefängnis und als Bürgermeister von Istanbul zurücktreten. Heute ist er Präsident und macht nicht den Eindruck, er wolle mit Christian Levrat und dessen Genossen über die Zivilisierung des Islams parlieren.
Auch wenn es um das Geld der „Ungläubigen“ geht, kennen Islamisten keine Hemmungen: Der britische Hassprediger Anjem Choudary etwa ruft ähnlich wie sein Seelenverwandter Joseph Goebbels dazu auf, sich der „Freikarten und Diäten“ zu bedienen. In einer von der Tageszeitung Sun heimlich gefilmten Rede rief er seine Anhänger unverblümt dazu auf, sich „von den Europäern aushalten zu lassen“. Man müsse alle Möglichkeiten des britischen Sozialstaates auszunützen, um damit die islamische Eroberung Grossbritanniens zu finanzieren. Dabei macht er sich über die britischen Arbeiter und Angestellten lustig. Sie würden arbeiten, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen, während die islamischen Prediger ein oder zwei Tage im Jahr arbeiten und sich das übrige Jahr vom britischen Sozialstaat aushalten lassen: „So beziehen wir als Dschihadisten den Scheck vom Staat.“ – Ist das nicht genau das, was auch Nicolas Blancho, der Präsident des muslimischen Zentralrats, macht? – Wer seine Zeitung üblicherweise mit Indiskretionen aus dem Bundeshaus füllt, kann so etwas natürlich nicht wissen. Und wer solche Dinge nicht weiss, stellt dazu auch keine intelligenten Fragen.
Auch einseitig geführter Krieg ist Krieg
In einem Interview mit dem christlichen US-Sender CBN hat Choudary am 8. August 2012 seine Strategie erläutert, in Europa und in den USA mithilfe eines wachsenden Bevölkerungsanteils von Muslimen schrittweise die Voraussetzungen zur Ablösung der Demokratie und zur Gründung eines islamischen Staates („Kalifat“) unter der Herrschaft der Scharia zu schaffen: „Wenn wir mit ausreichend Autorität und Macht ausgestattet sind, dann sind wir als Muslime verpflichtet, die Ordnungsgewalt denen wegzunehmen, die sie innehaben, und dann die Scharia einzuführen.“
Das sind klare Botschaften, die die westlichen Eliten nicht hören wollen. Sie trüben das Bild von Islam als „Religion des Friedens“. In der Tradition des intellektuell darbenden Mainstreams behauptet auch Levrat, der Islam gehöre zur Schweiz, und wer das anders sehe, sei ein gefährlicher Rechtspopulist.
Keine seiner Plattitüden erschien den beiden Schreiberlingen zu abgedroschen. Sie wandten auch nicht ein, dass es so genannte Islamophobie nicht gibt. Niemand hasst Muslime, weil sie Muslime sind. Die Ablehnung von Fanatikern, die mit Lastwagen durch Fussgängerpassagen und Weihnachtsmärkte rasen oder Flugzeuge in Hochhäuser lenken, ist Ausdruck von Vernunft. Wer hingegen das Krokodil füttert in der Hoffnung, er werde zuletzt gefressen, ist ein Idiot.