Archiv der Kategorie: Rechtsstaat

Aus Erfahrung klug werden

Es musste ja soweit kommen. Es braucht ganz offensichtlich Tote und Verletzte und den dadurch ausgelösten medialen Druck damit auch Sozialdemokraten und andere weltfremde Fantasten, zu Einsichten gelangen, die für verantwortungsbewusste und realitätsbezogene Menschen längst Binsenwahrheiten sind. Es brauchte ganz offensichtlich einen im Ausland verübten kriminellen Akt von Volksschülern, um die für die Volksschule verantwortliche Magistratin zur Einsicht zu bringen, dass eine Schulleitung über Vorstrafen ihrer Schüler informiert sein sollte. Bisher war Datenschutz ein linkes Dogma. Eine Heilige Kuh. Und der Persönlichkeitsschutz von Kriminellen wurde zu einem der höchsten Rechtsgüter erhoben.

Ohne die grotesken Missbrauchsfälle im Sozialwesen würden sich die Linken heute noch gegen Sozialdetektive und Kontrollen sperren und behaupten, alleine schon der Betrugsverdacht sei menschenverachtend. Auch über die Frage, ob der Datenschutz möglicherweise die falschen Rechtsgüter schütze, würde nicht einmal diskutiert.

Ohne die krassen Fälle der von der SVP seit Jahren angeprangerten Jugend- und Ausländerkriminalität würden die schöngeistigen Weltverbesserer heute noch bestreiten, dass wir in diesem Bereich überhaupt ein Problem haben.In der heilen Welt der Sozialdemokraten gibt es keine bösen Menschen, die für ihre Taten verantwortlich sind, sondern nur Opfer der Gesellschaft. Und Opfer darf man natürlich nicht bestrafen. Sie sind bereits genug bestraft. Opfer der Gesellschaft haben vielmehr einen Anspruch auf Resozialisierung. Diese Zersetzung von Recht und Gerechtigkeit nahm ihren Anfang in der Pervertierung der Sprache. So war der Schutz der Persönlichkeit von Verbrechern plötzlich wichtiger als das Sühnen ihrer Taten. Namen durften plötzlich keine mehr genannt werden. Selbst unsere Vorstösse, die wir hier als gewählte Volksvertreter einreichen, fallen mittlerweile der Zensur zu Opfer. Und wer im Zusammenhang mit zwei von der Interpol gesuchten albanischen Verbrechern auf das das „mutmasslich“ verzichtete, sieht sich einem solchen medialen Sperrfeuer ausgesetzt, dass plötzlich nicht mehr klar ist, wer eigentlich der Verbrecher ist. Doch auch im Vollzug hat die politische Korrektheit längst ihren Niederschlag gefunden. Man redet heute nicht mehr von „Gefängnis“, sondern von „Massnahmenzentrum“. Das tönt viel netter. Und wer sich unser MZU einmal aus der Nähe betrachtet, hat den Eindruck, es handle sich um einen Country-Club. Kann es da verwundern, dass unserem Strafvollzug die abschreckende Wirkung abhanden gekommen ist?

Wer als vorbestrafter Jugendlicher ohne Grund einen wehrlosen Menschen spitalreif schlägt, ja um ein Haar umbringt, oder wer – unter Missachtung des Vermummungsverbots, angeblich als Racheakt gegen die Polizei – in einem Saubannerzug in der Stadt Zürich Autos anzündet und Schaufenster einschlägt, empfindet die Zürcher Justiz, die Strafverfolg und den -vollzug offensichtlich als Lachnummer. Und er hat Recht. Sie sind zur Lachnummer geworden. Und wir würden auch gerne lachen – wenn die Angelegenheit bloss nicht so todernst wäre.Die SVP erwartet von den Verantwortlichen nichts weiter, als dass sie ihre Verantwortung wahrnehmen. Wir fordern ein Strafrecht, dessen Strafen von Delinquenten als Strafen verstanden werden, Richter, die strafen können, und eine Abkehr vom Kuschelvollzug.

Wenn Richter sich zum Verbrecher gesellen

Nicht nur in Mailand, Paris und New York wird Mode gemacht. Auch in unseren Gerichten wird Modeströmungen folgend geurteilt. Im Moment herrscht gerade Konsens, Härte zu zeigen, wenn es ums Autofahren geht. Und auch bei Delikten gegen die korrekte Gesinnung zeigt sich die Justiz in der Regel unerbittlich. Der Anstieg der Gewaltdelikte hingegen, insbesondere bei den von Jugendlichen begangenen, macht kaum Eindruck. Bestenfalls diskutieren die Experten über Erhebungsmethoden und die Würdigung des Migrationshintergrunds.

Fahrlässige Tötung? 1000 Franken Busse. Als einschlägig bekannter Rowdy einen Fussballfan zum Krüppel geschlagen? Ein Jahr Gefängnis. Zu zweit einen Passanten niedergeschlagen und verletzt auf die S-Bahn-Geleise gestossen? Bedingte Geld- und Freiheitsstrafen. Eine 81-jährige Rentnerin mit Fusstritten übel zugerichtet und ihr Geld und eine Perlenkette gestohlen? In Zürich ein Tag Untersuchungshaft.

Fast täglich werden wir mit Gerichtsurteilen konfrontiert, die oft nur schwer nachvollziehbar sind. Natürlich fehlen uns jeweils die detaillierten Akten, die einem Gericht zur Verfügung stehen, doch braucht man kein Jurist zu sein, um zu merken, dass Manches nicht mehr stimmt. Immer wieder muss man sich doch fragen: „Ja, was hätte der Täter denn sonst noch alles anstellen müssen, um die im Strafgesetzbuch vorgesehene Höchststrafe zu erhalten?“

Wer es wagt, an der bisweilen grotesk anmutenden Täterverhätschelung Kritik zu üben, dem wird Tabubruch zur Last gelegt. So kritisiert beispielsweise der hardcore-linke Marcel Niggli, dass normal linke Strafrechtler wie Daniel Jositsch und Martin Killias unsere Kuscheljustiz kritisieren und damit angeblich ins gleiche Horn blasen wie die SVP. Der gleiche Niggli, der jemanden, der „Neger“ anstatt „Schwarzer“ sagt, am liebsten auf dem Scheiterhaufen der politischen Korrektheit verbrennen würde, findet es völlig in Ordnung, dass einer für eine Vergewaltigung nicht ins Gefängnis muss, wenn der Druck, den er auf das Opfer ausgeübt hat, bloss psychischer Natur war.

Immerhin dürfen wir also erfreut zur Kenntnis nehmen, dass es eine lernfähige Linke gibt, die einen Lösungsansatz nicht alleine schon deshalb ablehnt, weil er im Ruche der SVP-Politik steht. Zu überraschen vermag dieses sich abzeichnende Umdenken allerdings nicht. Zu offensichtlich ist das Versagen der von der 68er-Generation vorangetriebenen Politik auch im Bereich des Strafrechts und der Strafverfolgung. Der Gedanke der Resozialisierung und das Abwälzen der persönlichen Verantwortung auf gesellschaftliche Umstände haben dazu geführt, dass fast vergessen gegangen ist, dass eine Strafe in erster Linie eine Bestrafung zu sein hat. Für Resozialisierung bleibt auch dann noch Platz.

Das Recht will immer einen bestimmten Idealzustand schaffen oder diesen schützen. Das Strafrecht tut dies, indem es einerseits vor Straftaten abschreckt und andererseits begangenes Unrecht sühnt. Es hat aber noch eine andere wichtige Funktion: Es schafft Ordnung. Es ist der Versuch, Gerechtigkeit zu schaffen. Umso schlimmer ist es, wenn die Rechtsprechung nicht mehr als gerecht und nachvollziehbar empfunden wird, denn im Zuge dieser Entwicklung geht der Gemeinsinn verloren und die Menschen wenden sich vom Staat ab.

Wie heisst es im zweiten Teil von Goethes Faust so treffend? „Der Richter, der nicht strafen kann, gesellt sich endlich zum Verbrecher“. Dem ist nichts hinzuzufügen.

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Erschienen in der Berner-Zeitung vom 4. April 2009

Willkür als Maxime

Der Kampf gegen staatliche Willkür ist die Raison d’être eines Rechtsstaates. Im Fall der Immunität von Lucrezia Meier-Schatz, Jean-Paul Glasson und Toni Brunner hat die Ungleichbehandlung der eidgenössischen Räte System.

In Bern gibt es für alles eine Lobby, nur nicht für Rechtsgleichheit und Gerechtigkeit, wie sich in der zurückliegenden Frühlingssession einmal mehr zeigte. Die Räte waren aufgerufen, über die Aufhebung der Immunität von drei Ratsmitgliedern zu befinden: Nationalrätin Lucrezia Meier-Schatz (CVP), alt Nationalrat Jean-Paul Glasson (FDP) und Nationalrat Toni Brunner (SVP). In allen drei Fällen ging es um Ereignisse im Zusammenhang mit der Arbeit einer Subkommission der natio-nalrätlichen Geschäftsprüfungskommission. Diese hatte die Aufgabe, einem fragwürdigen Einsatz eines Drogenhändlers als V-Mann durch die Bundesanwaltschaft nachzugehen und die Umstände des Rücktritts des dafür verantwortlichen Bundesanwalts abzuklären.

Die drei Fälle wurden höchst ungleich behandelt. Nur für Meier-Schatz und Glasson, denen der Staatsanwalt Amtsgeheimnisverletzung, einen Nötigungsversuch sowie die Bildung einer rechtswidrigen Vereinigung zur Last legte, beantragte er die Aufhebung ihrer Immunität. Aufgehoben wurde sie allerdings nur für Toni Brunner, der gar nicht belangt werden sollte.

Die Aufgabe, die Aufhebung von Toni Brunners Immunität zu beantragen, übernahm pflichtbewusst die Rechtskommission des Nationalrats. Sie habe zu diesem Zweck eine Güterabwägung vorgenommen, lässt sie uns wissen: Auf der einen Seite sei es darum gegangen, «das (öffentliche) Interesse an der Ahndung allfälliger Straftaten» zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite dürfe das (öffentliche) Interesse an einem «reibungslosen Ratsbetrieb, nicht durch missbräuchliche oder auf haltlosen Anschuldigungen beruhende Strafverfahren beeinträchtigt» werden.

In den Fällen «Meier-Schatz» und «Glasson» verzichtete die Kommission und danach das Plenum darauf, eine solche Güterabwägung vorzunehmen. Für sie öffnete man einen Notausstieg: Zwar sei der «Zusammenhang mit der amtlichen Stellung oder Tätigkeit» eindeutig gegeben, doch gebe es «keinen Grund zur Annahme, dass die beiden Ratsmitglieder an dieser Medienkonferenz vorsätzlich eine Straftat begangen haben». Dies selbst dann, «wenn die eine oder andere Aussage im Nachhinein als unvorsichtig oder ungenau» erscheine. Diese Milde in der Beurteilung wurde Toni Brunner nicht zuteil. Es wurde eindeutig mit verschiedenen Ellen gemessen. Im Communiqué der Rechtskommission findet sich nicht einmal ein Hinweis darauf, dass es Bürgerpflicht ist, die Regierung von einer Verschwörung in Kenntnis zu setzen.

«Stimmengewirr» gemäss Protokoll

Diese Ungleichbehandlung ist ausschliesslich politisch zu erklären. Und das Recht politisch anzuwenden, heisst, es willkürlich anzuwenden. Dabei würde alleine schon die Tragweite der Vorwürfe gegen Meier-Schatz und Glasson zu einer seriöseren Untersuchung und Beurteilung zwingen. Es geht nämlich nicht nur darum, was die beiden in jener berühmten Medienkonferenz der GPK an Verdächtigungen und Insinuierungen – wissentlich und willentlich – in die Welt setzten. Es geht um die Gesamtheit der Machenschaften, die zum Sturz von Bundesrat Christoph Blocher in die Wege geleitet worden waren. Doch das ist offensichtlich unerwünscht.

Besser lässt sich kaum darstellen, was staatliche Willkür ist, und in konsequenter Weiterentwicklung seiner eigenen Rechtsprechung müsste das Bundesgericht auch Akte der Bundesversammlung auf Willkür überprüfen. In der Vergangenheit machte es sich unser oberstes Gericht in dieser Beziehung allerdings sehr einfach: So weigerte es sich beispielsweise, auf eine Stimmrechtsbeschwerde einzutreten, in der die Amtsführung von Nationalratspräsident Yves Christen (FDP) gerügt wurde. In der Absicht, die SVP zu demütigen und ihr einen ihr zustehenden Sitz am Bundesgericht zu verwehren, führte er zwei Wahlgänge durch statt einen, wie es das Ratsreglement vorschreibt. Sein Kalkül ging auf. Gewählt wurden die Kandidaten von FDP und CVP. Der freiwillige Parteienproporz wurde missachtet, die Untervertretung der SVP sogar noch verstärkt. Kritik an diesem Vorgehen wies er mit den Worten zurück, es stehe dem Parlament frei, das eigene Reglement nach Belieben zu interpretieren. Daraufhin herrschte gemäss Protokoll «Stimmengewirr».

Das Bundesgericht wollte nichts davon wissen, diesen Fall auf Willkür zu überprüfen. Wie bereits «ein kurzer Blick ins Gesetz zweifelsfrei» ergebe, führte es aus, stehe gegen Entscheide der eidgenössischen Räte gar kein Rechtsmittel zur Verfügung. Stimmt. Doch ein kurzer Blick ins Gesetz ergibt ebenso zweifelsfrei, dass es auch kein Beschwerderecht bezüglich Einbürgerungsentscheide der Stimmbürger gibt. Und ein Blick in die bundesgerichtliche Rechtsprechung ergibt schliesslich zweifelsfrei, dass die hohen Richter zu Lausanne genau ein solches Recht konstruiert haben, indem sie den Schutz vor staatlicher Willkür zum absoluten Grundrecht erhoben – und sich selbst zu den Kontrolleuren der Demokratie.

Wenn es dem Bundesgericht wirklich ernst wäre damit, unseren Staat und seine Bürger vor willkürlicher Rechtsanwendung zu schützen, müsste es auch Klagen gegen Willkürakte der Bundesversammlung zulassen. Warum soll ein Parlament davor geschützt sein, wenn dies sogar bei Entscheiden des Stimmvolkes, das wir hierzulande noch immer als Souverän bezeichnen, möglich ist?

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Erschienen in der Weltwoche Ausgabe 13/09

Dressierte Demokratie oder ein Putsch auf Samtpfoten

Mit einer parlamentarischen Initiative wird gegenwärtig versucht, das Initiativrecht massiv einzuschränken. Nur noch was die linke und politisch korrekte Parlamentsmehrheit für völkerrechtskonform hält, soll Volk und Ständen zur Abstimmung vorgelegt werden. Das ist nichts anderes als die Aushöhlung der Demokratie, ein leiser Putsch. Besonders bedenklich ist der Umstand, dass sich ein Grossteil der Freisinnigen ins Lager der Putschisten geschlagen hat. Dressierte Demokratie oder ein Putsch auf Samtpfoten weiterlesen

Mehr Kapitulation als Verteidigung

Seit Heinrich VIII. schmücken sich Englands Könige mit dem Titel «Defender of the Faith». Ein Blick ins Königreich zeigt allerdings, dass es mit der Verteidigung des Glaubens nicht mehr weit her ist.

In kaum einem anderen westlichen Land treibt der Defätismus gegenüber dem Islam groteskere Blüten. Vorläufiger Höhepunkt: Dem niederländischen Parlamentsabgeordneten Geert Wilders wurde die Einreise verweigert, weil dessen Kurzfilm «Fitna» einige Muslime hätte verärgern können. Bei einem Land, in dem Weihnachtslieder als «zu religiös» von einem Weihnachtslieder-Wettbewerb verbannt werden und die Inhaberin eines Coiffeurladens dafür bestraft wird, dass sie eine Muslima nicht einstellt, weil diese sich weigert, während der Arbeit ihr Kopftuch wegzulegen, verwundert einen kaum mehr etwas. Trotzdem, England: Das war einmal eine stolze Weltmacht, die selbst im entlegensten Winkel der Erde ihre Interessen durchzusetzen wusste. Mittlerweile hat das Königreich das Appeasement zur Staatsdoktrin erhoben.

«I Am The West»

Zwar sind noch vielerorts Soldaten im Zeichen des Union Jack im Einsatz, doch scheint die Regierung in London deren Kampfkraft nicht mehr so recht zu trauen. Für vierhunderttausend englische Pfund werden gegenwärtig im pakistanischen Fernsehen Spots geschaltet, in denen Terroristen darum gebeten werden, die britische Insel vor Anschlägen zu verschonen. Natürlich glauben nicht einmal Politiker und Staatsfunktionäre, dass sich Bin Ladens Jünger von ihren verbrecherischen Vorhaben abbringen lassen, bloss weil in einem Fernsehspot um Mitleid gefleht wird. Es geht auch um etwas anderes. Die Kampagne läuft unter dem Titel «I am the west», und es treten darin prominente britische Muslime auf. Damit gibt es keinen Zweifel an der Botschaft, die lautet:

«Hey Jungs! Ihr könnt aufhören zu schiessen und zu bomben. Wir haben das Gebiet bereits unter Kontrolle. Wenn Ihr nicht aufpasst, könntet Ihr sogar Muslime treffen.»

Dieses Selbstbewusstsein wird ganz offen zur Schau getragen. So wies ein Vertreter einer muslimischen Organisation kürzlich einen Fernsehmoderator zurecht, nachdem dieser ihn gefragt hatte, weshalb er nicht in einem Land lebe, in dem die Scharia gilt, die er offenbar dem englischen Recht vorziehe. Was ihm überhaupt einfalle. England gehöre nicht den Engländern. England gehöre Allah. Auch in der Schweiz macht der Vorzeigemuslim der linken Intelligentsia, Tariq Ramadan, keinen Hehl daraus, dass er diese Einschätzung teilt.

Gestörte Harmonie

Traditionellerweise wird dem Recht auf freie Meinungsäusserung in England grosse Bedeutung beigemessen. Leider scheint es auch damit vorbei zu sein. So haben kürzlich britische Parlamentarier ihren niederländischen Kollegen Geert Wilders eingeladen, um in Westminster gemeinsam seinen umstrittenen Islam-Kurzfilm «Fitna» anzuschauen und danach darüber zu diskutieren. Ein normaler Gedankenaustausch unter Parlamentariern, müsste man meinen. Jedenfalls etwas aus dem sich eine Regierung gefälligst herauszuhalten hat.

Die britische Innenministerin Jacqui Smith scheint allerdings weder Montesquieu noch Locke gelesen zu haben. Sie untersagte Wilders kurzerhand die Einreise. Die Begründung für diese krasse Massnahme macht klar, dass die britische Regierung hat Angst vor der muslimischen Minderheit. Sie lautet, der Film würde die gesellschaftliche «Harmonie stören und deshalb die innere Sicherheit des Vereinigten Königreichs gefährden». Geschützt wird also nicht, wer sich dem offenen Wettstreit der Meinungen und der Kritik stellt, sondern derjenige, der klar gemacht hat, dass er auch bereit ist, Unschuldige zu töten, um sich Respekt zu verschaffen, bzw. das, was er darunter versteht.

Volksverhetzung nach Ermessen der Politiker?

Wilders Film wurde einer geschlossenen Versammlung von rund vierzig Menschen dennoch gezeigt. Seither tobt auf der Insel die Diskussion über die Meinungsfreiheit, und es ist bemerkenswert, dass sich die Presse fast unisono gegen die Innenministerin stellt. Ihr Kollege vom Aussenministerium, David Miliband, nimmt sie hingegen in Schutz und rechtfertigt den Eingriff in die Meinungsäusserungsfreiheit damit, dass schliesslich auch niemand das Recht habe, in einem überfüllten Theater «Feuer» zu schreien. Wirklich? Nicht einmal, wenn es brennt?

Die Diskussion ist damit entfacht: Endet Meinungsfreiheit da, wo Volksverhetzung beginnt, wie gelegentlich behauptet wird? Und wenn dem so sein sollte, wäre es dann nicht Sache eines Gerichts, festzustellen, ob auch wirklich eine Volksverhetzung vorliegt? Politiker, erst recht solche, die mit Regierungsmacht ausgestattet sind, dürften nicht immer frei von subjektiven Einflüssen entscheiden.

Ein harmloses Filmchen

Das Einreiseverbot für Geert Wilders wird noch viel grotesker, wenn man sich den zur Debatte stehenden Film erst einmal ansieht, was die meisten Muslime, die sich nun beleidigt geben und mit Terror drohen, gewiss nicht getan haben. Der knapp siebzehn Minuten lange Film beginnt mit der bekannten dänischen Karikatur, die Mohammed mit einer Bombe als Turban zeigt. Dazu werden Koranverse zitiert. Hinzu kommen Bilder von islamistisch motivierten Gewalttaten (11. September, Madrider Zuganschläge und U-Bahn-Anschläge in London), des weiteren Aufnahmen von Hasspredigern, die zum heiligen Krieg gegen Ungläubige oder Christen und Juden aufrufen, und als Ziel eine Weltherrschaft des Islams verkünden, gezeigt. Der zweite Teil handelt von der «Islamisierung» Europas. Fälle von antidemokratischen Bestrebungen und Folgen wie z. B. die Behandlung von Frauen und homosexuellen Männern infolge von islamistischen Rechtsvorstellungen in Europa werden gezeigt. Zum Schluss erscheint die Aufforderung, die «islamische Ideologie» – nicht den Islam! – zu bekämpfen.

Der vielerorts vom Internet abrufbare Film enthält nichts, was dem informierten Zeitgenossen nicht schon längst bekannt ist. Er dürfte auch nicht viel dazu beitragen, um auf die Gefahren der schleichenden Islamisierung hinzuweisen. In dieser Hinsicht hat die britische Regierung wesentlich mehr geleistet.

 

„Den Ungläubigen Wut und Ablehnung zeigen“

Während sich in unseren Breitengraden Horden von Gutmenschen einen Wettstreit darüber liefern, wer gegenüber dem Islam am tolerantesten ist und seinen eigenen kulturellen und historischen Hintergrund ab wirksamsten zu leugnen vermag, ist von der andern Seite nichts Dergleichen zu vernehmen. Im Gegenteil, nach einer neuen Fatwa ist es gläubigen Muslimen sogar untersagt, Christen und Juden zu ihren Feiertagen beglückwünschen.

Eine Fatwa ist ein islamisches Rechtsgutachten, das in der Regel von einem Mufti (Spezialist für die islamische Jurisprudenz) zu einem speziellen Thema herausgegeben wird. Üblicherweise wird eine Fatwa auf Anfrage einer Einzelperson oder eines Juristen angefertigt, um ein Problem, das im Rahmen der islamischen Religion aufgetreten ist, zu klären. Das deutsche Institut für Islamfragen informiert regelmässig über Fatwas und deren teilweise haarsträubenden Inhalt. Anfang Februar ging Gutachter Scheich Ahmad Bawadi der Frage nach, ob ein Muslim Christen und Juden zu ihren Feiertagen beglückwünschen darf, um dadurch Toleranz und ein gutes Miteinander zu zeigen.

Die Antwort lässt keinen Interpretationsspielraum offen: „Allah hat [im Koran] gesagt: ‚Verkündige den Heuchlern die frohe Botschaft, dass ihnen eine schmerzliche Strafe zuteil werde; jenen, die sich Ungläubige als Freunde anstelle der Gläubigen nehmen. Suchen sie etwa Macht und Ansehen bei ihnen? Wahrlich, Allah allein gehört alle Erhabenheit‘ (Sure 4,138-139). Also, was für Anliegen kann ein Muslim haben, wenn er ihnen [Christen und Juden] zu ihren Feiertagen beglückwünscht? …

Wenn das Anliegen [eines Muslims] ist, [Juden und Christen] dadurch Liebe und Freundlichkeit zu zeigen, gilt dies als verboten: ‚Du wirst kein Volk finden, das an Allah und an den Jüngsten Tag glaubt und dabei diejenigen liebt, die sich Allah und Seinem Gesandten widersetzen, selbst wenn es ihre Väter wären oder ihre Söhne oder ihre Brüder oder ihre Verwandten.‘ (58,22).

Keine Toleranz auf Kosten des Islam

„Wer dadurch [durch die Glückwünsche] zeigen möchte, dass der Islam eine tolerante Religion ist, hat wenig Ahnung vom Islam. Die Toleranz kann nicht auf Kosten der Religion [des Islam] ausgeübt werden. Es kann auch nicht auf Kosten der Rechte Allahs praktiziert werden, sondern [nur], wenn es um Rechte anderer Menschen geht. Toleranz erlaubt nicht die Beteiligung an ihrer Falschheit.

Ein definitiver Beweis dafür ist der Prophet Allahs. Er hat Polytheisten verziehen, die ihm und seinen Weggefährten Schaden zugefügt haben. Aber es gab keine Toleranz und keinen friedlichen Umgang, wenn es um Allahs Rechte ging. Es gab dann nur [Maßnahmen wie das] Abhauen von Köpfen, Gefangennahme von Soldaten, Raub von Eigentum, die Übernahme von Frauen als Konkubinen genommen u. ä….

Das Beglückwünschen von Juden und Christen zu ihren Feiertagen zeigt [diesen gegenüber] Freundlichkeit, Liebe und Loyalität. Hier ist [eine Art] Loyalität vorhanden, die eine Form von Akzeptanz ihrer Falschheit ist, wenn man ihnen zu ihren Feiertagen – wie z. B. Weihnachten – gratuliert.

Mein muslimischer Bruder … Du musst ihnen [Juden und Christen] deine Wut und Ablehnung [gegenüber ihren Feiertagen] zeigen. Du darfst sie nicht zu ihren Feiertagen beglückwünschen, noch von ihren Süssigkeiten nehmen.

Der Scheich des Islam, Ibn Taimiyya, zitierte den Konsens der [muslimischen] Rechtsgelehrten. Er besagt, dass Muslime Christen nichts verkaufen dürfen, was ihnen für die Feiertage nützlich sein kann, wie z. B. Fleisch, Blut, Kleidung, etc. Ihnen [den Christen] darf nicht [von Muslimen] ein Reittier ausgeliehen werden. Ihnen darf an ihren Feiertagen nicht geholfen werden, weil dies ihre Gottlosigkeit unterstützen würde. Die [muslimischen] Machthaber müssen Muslimen so etwas verbieten, weil Allah sagt: ‚Und helft einander in Rechtschaffenheit und Frömmigkeit, doch helft einander nicht in Sünde und Übertretung.‘ (Sure 5, 2)“.

"Den Ungläubigen Wut und Ablehnung zeigen"

Während sich in unseren Breitengraden Horden von Gutmenschen einen Wettstreit darüber liefern, wer gegenüber dem Islam am tolerantesten ist und seinen eigenen kulturellen und historischen Hintergrund ab wirksamsten zu leugnen vermag, ist von der andern Seite nichts Dergleichen zu vernehmen. Im Gegenteil, nach einer neuen Fatwa ist es gläubigen Muslimen sogar untersagt, Christen und Juden zu ihren Feiertagen beglückwünschen.

Eine Fatwa ist ein islamisches Rechtsgutachten, das in der Regel von einem Mufti (Spezialist für die islamische Jurisprudenz) zu einem speziellen Thema herausgegeben wird. Üblicherweise wird eine Fatwa auf Anfrage einer Einzelperson oder eines Juristen angefertigt, um ein Problem, das im Rahmen der islamischen Religion aufgetreten ist, zu klären. Das deutsche Institut für Islamfragen informiert regelmässig über Fatwas und deren teilweise haarsträubenden Inhalt. Anfang Februar ging Gutachter Scheich Ahmad Bawadi der Frage nach, ob ein Muslim Christen und Juden zu ihren Feiertagen beglückwünschen darf, um dadurch Toleranz und ein gutes Miteinander zu zeigen.

Die Antwort lässt keinen Interpretationsspielraum offen: „Allah hat [im Koran] gesagt: ‚Verkündige den Heuchlern die frohe Botschaft, dass ihnen eine schmerzliche Strafe zuteil werde; jenen, die sich Ungläubige als Freunde anstelle der Gläubigen nehmen. Suchen sie etwa Macht und Ansehen bei ihnen? Wahrlich, Allah allein gehört alle Erhabenheit‘ (Sure 4,138-139). Also, was für Anliegen kann ein Muslim haben, wenn er ihnen [Christen und Juden] zu ihren Feiertagen beglückwünscht? …

Wenn das Anliegen [eines Muslims] ist, [Juden und Christen] dadurch Liebe und Freundlichkeit zu zeigen, gilt dies als verboten: ‚Du wirst kein Volk finden, das an Allah und an den Jüngsten Tag glaubt und dabei diejenigen liebt, die sich Allah und Seinem Gesandten widersetzen, selbst wenn es ihre Väter wären oder ihre Söhne oder ihre Brüder oder ihre Verwandten.‘ (58,22).

Keine Toleranz auf Kosten des Islam

„Wer dadurch [durch die Glückwünsche] zeigen möchte, dass der Islam eine tolerante Religion ist, hat wenig Ahnung vom Islam. Die Toleranz kann nicht auf Kosten der Religion [des Islam] ausgeübt werden. Es kann auch nicht auf Kosten der Rechte Allahs praktiziert werden, sondern [nur], wenn es um Rechte anderer Menschen geht. Toleranz erlaubt nicht die Beteiligung an ihrer Falschheit.

Ein definitiver Beweis dafür ist der Prophet Allahs. Er hat Polytheisten verziehen, die ihm und seinen Weggefährten Schaden zugefügt haben. Aber es gab keine Toleranz und keinen friedlichen Umgang, wenn es um Allahs Rechte ging. Es gab dann nur [Maßnahmen wie das] Abhauen von Köpfen, Gefangennahme von Soldaten, Raub von Eigentum, die Übernahme von Frauen als Konkubinen genommen u. ä….

Das Beglückwünschen von Juden und Christen zu ihren Feiertagen zeigt [diesen gegenüber] Freundlichkeit, Liebe und Loyalität. Hier ist [eine Art] Loyalität vorhanden, die eine Form von Akzeptanz ihrer Falschheit ist, wenn man ihnen zu ihren Feiertagen – wie z. B. Weihnachten – gratuliert.

Mein muslimischer Bruder … Du musst ihnen [Juden und Christen] deine Wut und Ablehnung [gegenüber ihren Feiertagen] zeigen. Du darfst sie nicht zu ihren Feiertagen beglückwünschen, noch von ihren Süssigkeiten nehmen.

Der Scheich des Islam, Ibn Taimiyya, zitierte den Konsens der [muslimischen] Rechtsgelehrten. Er besagt, dass Muslime Christen nichts verkaufen dürfen, was ihnen für die Feiertage nützlich sein kann, wie z. B. Fleisch, Blut, Kleidung, etc. Ihnen [den Christen] darf nicht [von Muslimen] ein Reittier ausgeliehen werden. Ihnen darf an ihren Feiertagen nicht geholfen werden, weil dies ihre Gottlosigkeit unterstützen würde. Die [muslimischen] Machthaber müssen Muslimen so etwas verbieten, weil Allah sagt: ‚Und helft einander in Rechtschaffenheit und Frömmigkeit, doch helft einander nicht in Sünde und Übertretung.‘ (Sure 5, 2)“.

Demokratie à la carte

Endlich ist es soweit! Für morgen ist „das Volk“ an die Urnen gerufen. Dann werden wir es wissen – zumindest, dass wir nichts Genaues wissen. Sicher ist allerdings jetzt schon, dass in den Kommentaren jede beliebige Interpretation Platz finden wird. Will tatsächlich eine Mehrheit Türen und Sozialwerke für Bulgaren und Rumänen öffnen? Herrscht bloss Sorge um den Fortbestand der restlichen „Bilateralen“, oder sollen diese am Ende gar aufgekündigt werden? Wir werden es nie genau wissen. Eine unselige Verknüpfung zweier Vorlagen verhindert eine unverfälschte Willenskundgabe.

Noch vor wenigen Jahren waren wir Schweizer stolz darauf, in einem Land zu leben, in dem „das Volk“ das Sagen hat. Wir waren uns durchaus bewusst, dass man hierzulande auf demokratischen Weg eine Monarchie oder gar eine Diktatur einrichten könnte. Doch wir vertrauten darauf, dass es in einer funktionierenden Demokratie, in der sich jeder so verhält wie man selbst, nie so weit kommt, weil sich Extreme gegenseitig aufheben und auf diese Weise eine Tendenz zum Ausgleich besteht. Aber stets war klar: Das Volk ist der Souverän, es hat das letzte Wort.

Damit scheint es vorbei zu sein: Immer häufiger werden Volksentscheide interpretiert und nach Belieben ausgelegt. Das Bundesgericht, das es nur gibt, weil es das Schweizervolk so will, hat sich in einem eigentlichen Richterputsch sogar das Recht herausgenommen, politisch unliebsame Volksentscheide aufzuheben. Die „oberste rechtsprechende Behörde des Bundes“ erhob sich selbst zum Supervisor und Lenker der Demokratie. Um diesen Titel kämpfen allerdings auch noch andere: So verweigerte eine parlamentarische Kommission, die nichts anderes zu tun gehabt hätte, als die vom Souverän angenommene „Verwahrungsinitiative“ in geltendes Gesetzesrecht umzusetzen, glatt ihren Auftrag. Angeblich wegen Unvereinbarkeit mit dem Völkerrecht. Tatsächlich stiessen sich der grüne Kommissionspräsident und einige andere linken Zeloten am Inhalt. Ich warte gespannt darauf, wie sich die gleichen Leute verhalten werden, wenn gegen die „Offroader-Initiative“ völkerrechtliche Bedenken ins Feld geführt werden, etwa wegen Verstosses gegen WTO-Bestimmungen.

Leider findet auch der Bundesrat immer mehr Gefallen an dieser „Demokratie à la carte“. Nur als Behörde zu leiten und zu vollziehen, wie es die Bundesverfassung vorsieht, genügt den ambitionierten Damen und Herren nicht mehr. Demokratie wird da rasch als hinderlich empfunden. Erst recht, wenn man mit ansehen muss, dass es im Ausland auch ohne Volksentscheide geht. Doch genau wie Cäsar seinerzeit der Republik nicht offen den Kampf ansagte, sondern sie unter Wahrung der Form zur Folklore machte, hält der Bundesrat noch an der Tradition fest, die Schweizerinnen und Schweizer regelmässig zur Urne zu rufen.

Das Entscheidende an einer Demokratie ist jedoch nicht, dass Abstimmungen durchgeführt werden, sondern dass sich die Minderheit der obsiegenden Mehrheit zu fügen hat. Und genau damit bekundet unsere Landesregierung Mühe. Bloss um einer drohenden Niederlage zu entgehen, wurde die auf den 17. Mai 2009 angesetzte Abstimmung über die Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der IV auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben. Ein unerhörtes Ereignis!

Wer in einer Demokratie nicht bereit ist, auch Niederlagen, die nicht ausbleiben können, einzustecken, ist ein schlechter Demokrat. Und schlechte Demokraten sind eine Gefahr für die Demokratie.

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Erschienen in der Berner Zeitung vom 7. Februar 2009

Kirchenbesetzung – höhere Schule der PR


Kirchenbesetzungen durch so genannte Sans-papiers sind zum festen Bestandteil linker Folklore geworden. Wie die Randale am 1. Mai dienen sie der Verhöhnung und damit der Demontage unsers Rechtsstaats. Die Organisatoren verstehen ihr Handwerk. Es fehlt an nichts. Weder an knackigen Forderungen und Parolen noch an einer Hotline für Journalisten. Auch bei der Wahl der „Location“ und des Zeitpunkts wird generalstabsmässig vorgegangen. Bevorzugt werden Kirchen in Kantonen mit einer schwachen Regierung. Warum zur Weihnachtszeit? Die Bürger sollen sich vorkommen wie die hartherzigen Wirte, die Maria und Joseph einen Platz in der Herberge verwehrten. Die Heilige Familie als Sans-papiers? Das ist höhere Schule der PR.

Es verwundert nicht, dass die Bewegung ihren Anfang im linken Basel nahm. Dort ist man offen man für Forderungen wie „kollektive Regularisierung“, „Gleichbehandlung aller in der Schweiz lebenden Menschen“ und „Ausschaffungsstopp“. Nächste Etappe auf der „tour des églises“ war die Waadt, wo im Dezember 2004 die Valentins-Basilika besetzt wurde. Mit der Verfügung eines Ausschaffungsmoratoriums erbrachten die Behörden zuvor den Tatbeweis, dass sie sich pflichtwidrig weigern, geltendes Recht durchzusetzen. Den betroffenen Personen erwies man damit freilich einen Bärendienst, denn am Ende erschwert sich bloss die Situation für alle Beteiligten. Nach vielen Jahren ist eine Ausweisung in der Regel tatsächlich unmenschlich. Umso mehr gilt es zu verhindern, dass die Aufenthaltsdauer durch allerlei Geplänkel in die Länge gezogen wird.

Was die jüngste Kirchenbesetzung in Zürich angeht, so stellt sich zunächst die Frage, weshalb so lange zugewartet wurden, um auch in der Limmatstadt zu pöbeln. Es kann nicht daran liegen, dass sich mit Migros-Gutscheinen keine Zugbillete kaufen lassen. Der Grund ist einzig und allein, dass unter der früheren Zürcher Sicherheitsvorsteherin Rita Fuhrer kein Erfolg erwartet werden konnten. Die Aktivisten mussten damit rechnen, dass in Zürich Bundesrecht durchgesetzt wird. Offensichtlich beurteilen sie die Situation heute anders. Von Hans Hollenstein von der CVP erwarten sie ein leichtes Spiel. Der neue Sicherheitschef konnte sich nicht einmal zu einer Verurteilung der widerrechtlichen Kirchenbesetzung aufraffen. Ob er im Falle einer katholischen Kirche die gleiche Zurückhaltung an den Tag gelegt hätte, bleibe dahingestellt. Bemerkenswert ist, dass er als Regierungsvertreter mit der Wiedereinsetzung einer Härtefallkommission genau das anbietet, was seine eigene Partei nur wenige Stunden zuvor im Kantonsrat gefordert hatte. Zufall? Vielleicht. Gewiss kein Zufall ist, dass er dabei ist, sich über einen klaren Entscheid des ihm übergeordneten Parlaments hinwegzusetzen. Dieses hat nämlich klar gemacht, dass es keine solche Kommission mehr will. Und ebenfalls kein Zufall, sondern bloss peinlich, ist, dass der Magistrat vor versammelten Medien einräumen musste, dass er keine Ahnung hat, weshalb die Härtefallkommission seinerzeit aufgelöst wurde. Das hat mit fehlender Aktenkenntnis und schlechter Vorbereitung zu tun. Darum hier des Rätsels Lösung: Weil es weder nach alten, geschweige denn nach neuem Asylrecht eine Härtefallkommission braucht, sprachen sich deren Mitglieder einstimmig für die Aufhebung aus. Die Möglichkeiten des Rechtswegs wurden dadurch nicht verbaut.

Auch wenn es den Aktivisten missfällt: Beliebigkeit ist der Feind des Rechts.

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Erschienen in der Berner Zeitung vom 10. Januar 2009