Archiv der Kategorie: Islamisierung

Die Islam-Debatte droht abzugleiten

Weit haben wir es gebracht! Nun nimmt sich ein Staatsangestellter, wenn auch der Chef des Bundesamts für Migration, bereits das Recht heraus, von einem Schweizer Bürger zu verlangen, sich von einer Meinung zu distanzieren. Nicolas Blancho, das ist der Präsident des Islamischen Zentralrats, den man eigentlich aus ästhetischen Gründen zum Tragen einer Burka verpflichten müsste, soll dem gelebten muslimischen Brauchtum, der Steinigung, abschwören, was diesen in einen argen inneren Konflikt stürzte. Das sei ihm unmöglich, liess er verlauten, denn damit würde er sich vom Propheten und somit vom Islam distanzieren.

Seien wir froh, dass Blancho offen sagt, dass er es gut findet, Menschen zu steinigen! Dank solch erfrischender Offenheit kann auch der beste Gutmensch nicht länger bestreiten, dass diese Menschen mental in der Steinzeit leben. Doch das ist nicht verboten. Es ist sogar die entscheidende Eigenschaft einer freiheitlichen Gesellschaft, dass jeder so leben können soll, wie er es für richtig hält. Auch das Recht, Unsinn zu verbreiten, ist von unserer Verfassung garantiert. Blancho soll sagen dürfen, dass er steinigen und Frauen schlagen will. – So lange er weder steinigt, noch schlägt. Doch dafür ist die Polizei zuständig.

Die aktuelle Muslim-Debatte droht, ins Nebensächliche abzugleiten. Es geht nicht um Burka, Tschador oder Niqab. Die zentrale Frage lautet: „Ist der Islam mit einer Demokratie westlichen Zuschnitts kompatibel?“ Es ist zwar erfreulich, dass der weitaus grösste Teil der hier lebenden Muslime bestens integriert ist, doch das beantwortet nicht die Frage. Es ist ein Leichtes, sich gegen die Scharia auszusprechen, wenn niemand (offen) deren Einführung fordert. Und gleichwohl weigerte sich unser Bundesrat, die Anfrage eines Parlamentariers zu beantworten, ob es unter dem Aspekt des Völkerrechts möglich wäre, mit einer Volksinitiative die Scharia einzuführen. Man wollte ganz offensichtlich niemanden verärgern.

Ein klarer Fall von Unterwürfigkeit, von vorauseilender Kapitulation. Unsere oberste Regierungsbehörde weigert sich, unmissverständlich klar zu machen, dass hier unsere Regeln gelten, und dass sich diesen zu unterziehen hat, wer hier leben will. Das Problem ist nicht Blancho, dem man nicht allzu viel Beachtung schenken sollte. Er ist wenigstens ehrlich. Das Problem ist die Erosion unserer Freiheitsrechte im Zuge der schleichenden Islamisierung. Es sind Dinge, wie die Kundgebung vor dem Bundeshaus als Protest gegen die Mohammed-Karikaturen, die wir als Machtdemonstrationen ernst nehmen müssen. Insbesondere der Forderung, wir müssten die Meinungsäusserungsfreiheit einschränken, weil sich Muslime in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlen könnten, ist entgegenzutreten. Dann sind sie eben beleidigt! In einer freiheitlichen Gesellschaft muss sich jeder im gleichen Masse Kritik an seiner Religion und seinen Idealen gefallen lassen.

Dänisch-schweizerische Kombifahnen extra zum Verbrennen

Die hiesigen Gutmenschen dürften sich die Hände reiben: Endlich regt sich etwas in der muslimischen Welt. Aus Protest gegen die Mohammed-Karikaturen und das Minarettbauverbot wurden in Pakistan Fahnen verbrannt. Wie immer zeigen sich die „Experten“ betroffen und besorgt.

Angeblich ist es eine „gemässigte“ Organisation, die für die Aktionen verantwortlich zeichnet. Dieser Hinweis soll wohl dazu dienen, uns auf Selbstmordattentate vorzubereiten. Die meisten Medienberichte zum Thema zeichnen sich durch Ehemalige Kunden von ZKB, UBS oder CS?eine unglaubliche Einfältigkeit aus. So schreibt etwa der Tages-Anzeiger, auf diesem Bild würde eine Schweizerfahne verbrannt. Tatsächlich? Ich wusste gar nicht, dass es auf der Schweizerfahne zwei Kreuze hat. Abgesehen davon scheint man in Pakistan nicht zu wissen, dass die Länge der Arme des Schweizerkreuzes ein Verhältnis von 7:6 zur Breite aufzuweisen hat. Es ist auf dem Bild leicht zu erkennen, dass irgendein gemässigter Holzkopf die dänische und die Schweizer Fahne zu einer einzigen Flagge zusammengefügt hat.

Dieses Stück Stoff wurde einzig und allein mit dem Ziel angefertigt, es zu verbrennen. Schon nach dem Karikaturenstreit war auffallend, wie plötzlich überall in der muslimischen Welt dänische Flaggen verbrannt wurden, als gehörte eine solche zur üblichen Grundausstattung eines muslimischen Haushalts.

Auch die Forderung, dass Pakistaner ihr Geld von Schweizer Banken abziehen sollen, macht unsere Medienschaffende nicht hellhörig. Vermutlich glauben sie, dass die Personen auf dem Bild, bevor sie zum äusserst unfreundlichen Akt der Fahnenverbrennung schritten, aus Protest ihr Konto in der Schweiz geschlossen haben.

Es ist offensichtlich, dass die Aktionen von langer Hand geplant worden sind. Ziel ist es unsere Regierung einzuschüchtern, als wäre diese nicht bereits genug eingeschüchtert.

Mit der Axt gegen die Freiheit

Selbst wenn Sie nicht den ganzen Film gesehen haben, diese Szene aus dem Horror-Klassiker „Shining“ kennen Sie bestimmt: Als verrückt gewordener Winter-Hausmeister eines abgelegenen Hotels schlägt Jack Nicholson mit einer Axt die Tür zu einem Zimmer ein, in das sich seine Frau und sein Sohn in Todesangst vor ihm geflüchtet haben.

Eine fast identische Szene ereignete sich vor wenigen Tagen in Dänemark: Ein ebenfalls mit Axt und Messer bewaffneter 28 Jahre alter Somalier drang in das Haus des dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard ein und versuchte, den 74-jährigen vor den Augen seiner fünfjährigen Enkelin zu erschlagen. Erst die Polizei vermochte den Eindringling durch Schüsse ins Bein zu stoppen. Grund: Nach fast fünf Jahren hat der glühende Anhänger der Friedensreligion Islam noch immer nicht verwunden, dass Westergaard den Propheten Mohammed mit einer Bombe im Turban karikiert hatte.

Die meisten Medien hierzulande beschränkten sich dazu auf Kurzmeldungen. Auf die einzig richtige Reaktion – den Nachdruck der Karikaturen – wurde fast durchwegs verzichtet. Und nirgends war zu lesen, dass nichts, aber auch gar nichts, einen Mord rechtfertigt. Im Tages-Anzeiger schwärmte Daniel Wehrle von der neuen dänischen Regierung, die die Zuwanderer aus dem „nicht-westlichen Ausland“ ausdrücklich als Bereicherung begrüsst. In der NZZ insinuierte Aldo Keel gar ein Eigenverschulden der Dänen, schliesslich habe sich irgendein Buchautor in einem Interview provokativ geäussert. Und in der Südostschweiz legte Steffen Klatt Wert auf die Feststellung, dass sich Muslime in der Regel untereinander umbringen und dies vorwiegend in ihren Herkunftsländern. Der Anschlag gegen Westergaard stelle darum eine Ausnahme dar, der man nicht allzu viel Bedeutung beimessen soll. Viel wichtiger sei stattdessen, dass sich „der Westen“ aus Afghanistan zurückziehe und einen „Dialog der Kulturen“ pflege.

Dialog? Worüber bitte soll denn geredet werden? Wo sind überhaupt Kompromisse möglich? Nichts gegen die Übernahme von Neuem. Doch das Neue muss besser sein als das Alte. Und welches sind die islamischen Errungenschaften, durch die sich unser Leben substantiell verbessern liesse? Ist Scharia-Recht unserem Recht überlegen? Was soll für uns alle besser werden, wenn Religionsvertreter mehr Einfluss auf das öffentliche Leben erhalten? Warum sollen wir Freiheiten aufgeben, von denen wir jeden Tag profitieren? Wäre es etwa ein Fortschritt, wenn jeder nach Belieben zwar noch den Papst und die katholische Kirche beschimpfen darf, man aber seines Lebens nicht mehr sicher ist, wenn man über Mohammed witzelt?

Niemand muss Westergaards Karikatur gut finden. Ich kann sogar nachvollziehen, wenn sich Muslime ihretwegen in ihrem religiösen Empfinden verletzt fühlen. Na und? Wenn sich eine Popgöre zu PR-Zwecken ans Kreuz befestigen lässt, wenn Viktor Giacobbo ständig gegen das Papst- und das Mönchstum polemisiert, oder wenn in so genannt „offenen“ Kirchen pornographische Filme aufgeführt werden, dann verletzt das meine religiösen Gefühle ebenfalls. Doch ich muss das angesichts des verfassungsmässigen Rechts auf freie Meinungsäusserung tolerieren. Und genau so müssen sich auch Muslime Kritik an ihrer Religion und an Mohammed gefallen lassen.

Wenn nun bisweilen suggeriert wird, zwischen der Meinungsfreiheit und der Verletzung religiöser Gefühle bestehe eine feine Linie, die man nicht überschreiten dürfe, dann ist das eben kein Bekenntnis zur Meinungsfreiheit – sondern ein Versuch, diese einzuschränken. Und dem ist von jedem, dem Freiheit etwas bedeutet, mit Entschiedenheit entgegenzutreten.

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Erschienen in der Berner Zeitung vom  9. Januar 2010

Wer Videospiele verbietet, muss auch den Koran verbieten

Es gibt neben dem Einstreichen von Subventionen nichts, das die Linken lieber tun, als zu verbieten. Sie fühlen sich moralisch dazu berechtigt, das, was sie für richtig halten, auf andere zu übertragen. Bloss weil sie lieber zu Fuss oder per Velo unterwegs sind, oder sich ein tolles Auto schlicht nicht leisten können, soll anderen das Autofahren vermiest werden. In der Stadt Zürich ist das offizielle Politik.

Nach jedem Amoklauf fordern sie ein Verbot von Videospielen, obwohl keineswegs bewiesen ist, dass zwischen Videospielen und tatsächlicher Gewaltanwendung ein Kausalzusammenhang besteht. Immerhin gibt es viele Jugendliche, die sich diesen Schwachsinn regelmässig reinziehen, ohne deswegen gewalttätig zu werden.

Wenn aber ein muslimischer Soldat mit dem Schlachtruf „Allahu Akbar“ auf seine Kameraden feuert, dreizehn von ihnen ermordet und dreissig weitere verletzt, bestreiten die gleichen Leute selbst den offensichtlichen Zusammenhang. Und sie verzichten in diesem Fall sogar auf die Forderung nach einem Verbot des Buches, das aufruft, die Ungläubigen zu töten, wo immer sie anzutreffen sind.

Kein Sonderrecht für Muslime

Freiheit ist am wichtigsten. Dann kommt gleich Gerechtigkeit. Dass sich Menschen zu einem Gemeinwesen zusammenschliessen, hat zum Zweck, dem Individuum einen möglichst grossen Freiraum zu garantieren. Und damit möglichst jedes Mitglied der Gemeinschaft in den Genuss dieses Rechts auf Selbstentfaltung kommt und nach seinem Glück streben kann, ist Freiheit gerecht zu verteilen. Aus diesem Grund ist die Rechtsgleichheit in einem Rechtsstaat zentral. Der Staat – Richter, Regierung und Verwaltung, aber auch der Gesetzgeber – hat alle, die dem Recht unterworfen sind, gleich zu behandeln.

Indem die „Minarett-Initiative“ für Muslime besondere Regeln festlegt, verletzt sie das Gebot der Rechtsgleichheit. Das ist der Grund, weshalb ich sie ablehne. Man sollte nicht Gesetze aufstellen, die nur für bestimmte Gesellschaftsgruppen gelten. Mit Annahme der Bundesverfassung von 1999 ist der Einwand, die Schweiz sei ein christliches Land und eine gewisse Hegemonie des Christentums darum legitim, rechtlich nicht mehr haltbar. Es waren damals so „zuvorkommende“ Politiker wie der Christdemokrat Arnold Koller, die sich mit Beteuerungen überschlugen, mit „Gott dem Allmächtigen“, sei keinesfalls der christliche Gott gemeint. Vielmehr wolle man damit jegliche Gottheit ansprechen. Das ist auch das Credo all derer, die ausser „Dialogbereitschaft“ und bisweilen tödlicher Toleranz nichts zu bieten haben. Dass sich Volk und Stände dieser Auffassung angeschlossen haben, hat nun Konsequenzen. Und nur die vollständige Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften in organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht vermag die damit einhergehenden Probleme zu lösen.

Hier gelten unsere Regeln
Die verfassungsmässig verbriefte Rechtsgleichheit stellt nicht nur ein Recht dar. Sie enthält auch die Pflicht, sich der geltenden Rechtsordnung uneingeschränkt und im gleichen Masse wie alle anderen zu unterwerfen. Wer hier leben will, hat unsere Regeln einzuhalten. In Fragen wie Gleichberechtigung der Geschlechter, Mädchenbeschneidung, Zwangsheiraten oder Terrorismus gibt es nichts zu verhandeln. Genauso wenig stehen unsere Freiheitsrechte zur Disposition, zu denen das Recht gehört, Dinge zu sagen, die Muslimen nicht passen, ja sie sogar verletzen. Religionsfreiheit räumt Religionen nämlich keine Sonderstellung ein, sondern schützt das Recht des Individuums auf freie Meinungsbildung und -äusserung in religiösen Angelegenheiten. Auch Atheisten, Agnostiker und Religionskritiker können sich auch die Religionsfreiheit berufen. Muslime haben sich Kritik an Mohammed und am Islam im gleichen Umfang gefallen zu lassen, wie das bei jeder anderen Religionsgemeinschaft der Fall ist. Dass Horden fanatischer Muslime wegen einiger läppischer Karikaturen morden und brandschatzen spricht jedenfalls nicht gegen die Minarett-Initiative, sondern nährt vielmehr Zweifel an der Kompatibilität des Islams mit der Demokratie.

Schielen aufs Ausland
Es ist bedenklich, dass unsere Landesregierung ein Volksbegehren deswegen zur Ablehnung empfiehlt, weil sie um das eigene Image im Ausland fürchtet, dass sie aber nicht einmal daran denkt, von den uns kritisierenden islamischen Ländern Gegenrecht einzufordern, also das Recht, Kirchen, inklusive Türme, zu bauen. Dazu passt, dass sich unser ansonsten so sehr auf Übereinstimmung mit dem Völkerrecht bedachter Bundesrat kürzlich weigerte, in Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage darzulegen, ob es möglich wäre, mit einer Volksinitiative hierzulande Scharia-Recht einzuführen.

Dass wir Schweizerinnen und Schweizer über solche Fragen streiten und danach abstimmen dürfen, zeichnet uns aus und stärkt unsere Demokratie. Wer sich dessen als Mitglied einer Behörde schämt, soll schleunigst zurücktreten. Es ist den Initianten hoch anzurechnen, dass sie die Problematik der Islamisierung auf die Tagesordnung brachten. Sie haben sich um die Demokratie, um den Wettstreit der Meinungen, verdient gemacht. Ganz im Gegensatz zu denen, die sich im Ausland für das Volksbegehren entschuldigten noch bevor die erste Unterschrift dafür gesammelt war, und zu denen, die politische Zensur üben, die ich zu Unrecht für überwunden glaubte.
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Erschienen im Tages-Anzeiger vom 2. November 2009

Toleranz ist, wenn es wehtut

Was sonst soll die verfassungsmässig verbriefte Meinungsäusserungsfreiheit schützen, wenn nicht mein Recht, zu sagen, zu schreiben, zu zeichnen oder sonst auf irgendeine Art und Weise zu verbreiten, was die Obrigkeit am liebsten verbieten möchte?

Basel und Neuenburg könnten mit Stolz auf eine freiheitliche Tradition zurückblicken. Doch stattdessen sollten sie sich dafür schämen, dass sie diese mit den Füssen getreten haben. Wo einst von der Kirche und weltlichen Fürsten verfolgte Denker Zuflucht fanden, üben heute die Stadtoberen politische Zensur aus. Nichts anderes ist das Verbot, auf öffentlichem Grund Plakate auszuhängen, auf denen für ein politisches Anliegen geworben wird. Die Stadtregierung von Neuenburg bezeichnete die Plakate des Komitees für die sogenannte Minarett-Initiative als «äusserst despektierlich gegenüber der muslimischen Gemeinschaft». Na und? Wählen und bezahlen wir unsere Regierung für die Durchsetzung des Knigge? – Plakate dürften verboten werden, wenn auf ihnen zur Gewaltausübung gegen bestimmte Personen oder Personengruppen aufgerufen wird. Das Missfallen einiger linker Zeloten kann als Rechtfertigung für einen dermassen schwer wiegenden Eingriff in die politischen Rechte nicht genügen. Daran ändert auch nichts, dass sich die Verbote umgehend als kontraproduktiv erwiesen haben – im Sinne der Zensoren, versteht sich.

Es ist bemerkenswert, dass ausgerechnet Politiker, die sich selbst als «liberal» bezeichnen, zu solch totalitären Methoden greifen. Keine Spur von der Toleranz, die sie allerorts predigen, wenn sie selbst tolerant sein müssten. Dabei ist Toleranz gegenüber Gleichdenkenden wertlos. Nur am Umgang mit Andersdenkenden lässt sich erkennen, wie es um das Verhältnis zur Freiheit – und nur darum geht es beim Liberalismus – tatsächlich bestellt ist.

Spätestens wenn man die Macht hat, etwas zu verbieten, ist die Forderung, das Verbieten zu verbieten, offenbar Geschwätz von gestern. Einer, der vom Paulus zum Saulus geworden ist, heisst Moritz Leuenberger, lebt in Bern und Zürich und bezieht ein Bundesratssalär. Der Sozialdemokrat hat «alles Verständnis» für ein Verbot des umstrittenen Plakats. Es gehe um die alte Frage, wie eine liberale Gesellschaft mit einer intoleranten Strömung umgehe. Hin und wieder die Bundesverfassung zur Hand zu nehmen würde dem Genossen Leuenberger gut anstehen. Dort findet sich nämlich in Artikel 5 der Satz, dass «Grundlage und Schranke staatlichen Handelns» das Recht ist. Mit anderen Worten: Wofür ein Bundesrat Verständnis hat oder wofür er kein Verständnis hat, ist vollkommen irrelevant. Massgebend ist das Recht. Und diese Bestimmung hat genau den Zweck, zu verhindern, dass un-sere Freiheit von den Launen unserer Exekutivpolitiker abhängt. Sie setzt dem Absolutismus Schranken und zwingt die Repräsentanten des Staates zur Beachtung der Gesetze.

Im Falle der Meinungsäusserungsfreiheit ist die Sache sogar sehr einfach: Erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten ist. Bloss aus Angst vor einigen mordenden und brandschatzenden Muslimen im Ausland, die sich beleidigt fühlen, darf unsere Freiheit nicht angetastet werden. Vielmehr ist sie genau gegenüber diesen Leuten mit allen Mitteln zu verteidigen. Und wer auf demokratischem Weg genau dafür einsteht, braucht sich nicht von der eigenen Regierung als intolerant bezeichnen zu lassen.

Diese Zensuraffäre hat auch ihr Gutes: Niemand kann noch ernsthaft bestreiten, dass die gesamte Antirassismusgesetzgebung als Waffe gegen den politischen Gegner eingesetzt wird. Also als das, wofür sie von Anfang an gedacht war.

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Erschienen in der Berner Zeitung vom 31. Oktober 2009

Bundesrätin Widmer-Schlumpf: „Wann hier was gleich behandelt wird, bestimme ich!“

Bei einer Frau, die auf so unredliche Art und Weise in ihr Amt gelangt ist, wie Frau Bundesrätin Widmer-Schlumpf, kann es nicht verwundern, dass sie auch unredlich politisiert. Am Rande ihres obrigkeitlichen Auftritts gegen die Minarettinitiative, der von gewissen denkfaulen Medienschaffenden frenetisch als „Auftakt“ der Kampagne gegen das Volksbegehren gefeiert und begrüsst wird, gab sie eine Kostprobe ihres konzeptlosen In-den-Tag-hinen-Politisierens. Die meisten Journalisten versäumten es allerdings, ihr Publikum auf die argumentative Widersprüchlichkeit hinzuweisen.

Von der Konkurrenz abgehoben hat sich erfreulicherweise TeleZüri, das die Justizministerin mit der Frage konfrontierte, ob auch der Ruf des Muezzins vom Minarett ertönen dürfe. Aktueller Anlass bot die widerrechtlich installierte Lautsprecheranlage auf einem Minarett in Süddeutschland gegenüber von Rheinfelden, wo man sich über diese Entwicklung wenig erfreut zeigte. Als in der Wolle gefärbte Populistin weiss Frau Widmer-Schlumpf natürlich, was man in der Bevölkerung von frühmorgendlichen arabischen Betrufen hält, und sie wiegelte darum ab: „Ich bin jetzt überzeugt: Wenn die Bevölkerung eines Dorfes oder einer Stadt nicht will, dass ein Minarett beschallt wird, dann wird kein einziges Minarett in der Schweiz beschallt.“

Aha. Frau Bundesrätin ist JETZT überzeugt. Das heisst, morgen kann alles wieder ganz anders sein. Beruhigend ist das nicht. Abgesehen davon, ist nicht die Überzeugung einer Beamtin massgeblich, sondern die Rechtslage. So ist das zumindest in einem Rechtsstaat.

Noch viel entlarvender ist jedoch, dass die Magistratin plötzlich die Demokratie ins Spiel bringt, von der sie etwa bei Einbürgerungen nichts wissen will. Dabei weiss Frau Widmer-Schlumpf ganz genau, dass am Ende einmal mehr die Gerichte entscheiden werden. Denn das Problem mit der Minarettinitiative ist ein ganz anderes: In der Medienkonferenz führte Frau Widmer aus, das Volksbegehren sei abzulehnen, weil sie einer bestimmten Glaubensgemeinschaft etwas verbieten wolle, was andern Glaubensgemeinschaften gestattet sei.

Wenn es Frau Widmer-Schlumpf tatsächlich um die Verhinderung der Ungleichbehandlung von Religionsgemeinschaften geht, warum signalisiert sie dann die Bereitschaft, den lautsprecherverstärkten Ruf des Muezzins zu untersagen? Würde hier nicht einer Religionsgemeinschaft etwas verboten, was anderen erlaubt ist?

Herrscher über „Stil und Botschaft“

Noch einer, der einst das Verbieten verbieten wollte, ist vom Paulus zum Saulus geworden: Genosse Bundesrat Moritz Leuenberger hat „alles Verständnis“ für ein Verbot des umstrittenen Plakats zur Anti-Minarett-Initiative. Es gehe aber um die alte Frage, wie eine liberale Gesellschaft mit einer intoleranten Strömung umgehe.

Hin und wieder die Bundesverfassung zur Hand zu nehmen, würde Moritz Leuenberger gut anstehen. Dort findet sich nämlich in Artikel 5 der Satz, dass „Grundlage und Schranke staatlichen Handelns“ das Recht sei. Mit anderen Worten: Wofür ein Bundesrat Verständnis hat oder wofür er kein Verständnis hat, ist vollkommen irrelevant. Massgeblich ist das Recht. Und diese Bestimmung hat genau den Zweck, zu verhindern, dass unsere Freiheit von Launen unserer Exekutivpolitiker abhängt. Sie setzt dem Absolutismus Schranken und zwingt zur Beachtung der Gesetze. Im Falle der Meinungsäusserungsfreiheit ist die Sache sogar sehr simpel. Sie darf nur eingeschränkt werden, wenn ansonsten eine – konkrete – Gefährdung des Staates droht, etwa in Kriegszeiten. Bloss die Hosen voll zu haben, genügt nicht.

So zumindest sollte es in einer liberalen – ich bevorzuge den Begriff „freiheitlichen“ – Gesellschaft sein. Leuenberger behauptet zwar, es gehe ihm darum, diese vor intoleranten Strömungen zu schützen, doch denkt er dabei an die Falschen. Sind diejenigen, die auf demokratischem Weg für ihre Freiheit einstehen, intolerant? Oder sind diejenigen die Toleranten, die Botschaften stürmen, Menschen bedrohen und umbringen, weil sie sich wegen einiger Karikaturen beleidigt fühlen?

Als Politiker verfolgt Moritz Leuenberger natürlich eine politische Agenda. Ist es tatsächlich nur sein glühender Anti-Amerikanismus, der ihn dazu veranlasst, die Errungenschaften der Aufklärung über Bord zu werfen? Oder ist es tatsächlich die Angst vor islamistischem Terrorismus?

Noch wesentlich schwerwiegender ist allerdings, was im Tages-Anzeiger von heute zu lesen ist: Da unterhält sich Silvio Temperli mit der Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch darüber, dass es der Stadtrat soeben abgelehnt hat, das Plakat zu verbieten. Frau Mauch machte jedoch klar, dass sie sowohl die initiative als auch das Plakat selbst ablehnt. Darauf Temperli: „Wenn sie Stil und Botschaft des Plakats ablehnen, müssten sie es konsequenterweise verbieten.“ Weiter wirft er der Stadtpräsidentin vor, die Gelegenheit verpasst zu haben, „ein Zeichen zu setzen“. Im gleichen Blatt, das Silvio Berlusconi praktisch täglich vorwirft, seine Medienmacht zu missbrauchen, wird ein obrigkeitliches Machtwort gefordert. Unglaublich!

Man stelle sich einmal vor, jemand aus der SVP würde fordern, Auftritte von Marthaler, Schlingensief oder Hirschhorn zu verbieten, weil deren „Stil und Botschaft“ nicht gefällt. – Das sollte reichen um zu zeigen, wie unreflektiert, ja debil Temperlis Aussage ist. Ein Journalist, der keinen Sinn für die Bedeutung des freien Wortes und Ausdrucks hat, hat seinen Beruf verfehlt.

Unerträgliche Selbst-Zensur

Die Antirassismusgesetzgebung war von Anfang an als Waffe gegen den politischen Gegner konzipiert, und genau so wird sie nun eingesetzt. Dass jemand wie Georg Kreis das neue Abstimmungsplakat der SVP kritisiert, kann darum nicht überraschen. Der Mann hat sich sein Leben lang der herrschenden Kaste angedient und selbstständiges Denken durch politisch korrekte Phrasendrescherei ersetzt.

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Georg Kreis und seine Zensurbehörde sind nur Lakaien im Dienste staatlicher Gesinnungsschnüffelei, wie man sie sonst nur in totalitären Systemen antrifft. Zum Beispiel in Saudi-Arabien, das Kreis vor den Angriffen der SVP in Schutz nimmt, und das er vermutlich um die Kompetenzen seiner Religionspolizei (motawa’s) beneidet. Schon für das öffentliche Tragen eines Kreuzes drohen dort massiven Strafen. Die Swissair durfte wegen des Schweizerkreuzes am Heckruder nicht landen. Das EDA führt in seien Reisehinweisen zu dem Land Folgendes aus: „Verboten sind unter anderem die Beleidigung des Islam sowie der politischen und religiösen Führung, das Fotografieren von Regierungsgebäuden und militärischen Einrichtungen, Einfuhr, Besitz, Handel und Konsum von alkoholischen Getränken sowie aussereheliche und gleichgeschlechtliche Beziehungen. Frauen ist das Lenken eines Fahrzeugs untersagt. Zuwiderhandlungen werden streng bestraft (Gefängnis, Stockschläge etc.). Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz werden schon bei geringsten Mengen und bei jeder Art von Drogen mit langjährigen Gefängnisstrafen geahndet. Es kann selbst die Todesstrafe verhängt werden. Die Haftbedingungen sind bedeutend härter als in der Schweiz.“

Man kann Georg Kreis nicht einmal verübeln, dass er sich zum Richter über die freie Meinungsäusserung emporgeschwungen hat. Genau wie ein Pyromane mit den Streichhölzern, die man ihm in die Hand gedrückt hat, ein Haus anzündet, wüten Kreis und seine Kommission mit den gesetzlichen Kompetenzen, die ihm in einer Volksabstimmung zugestanden wurden. Allerdings führte der Bundesrat 1994 in den Abstimmungserläuterungen aus: „Das Recht auf freie Meinungsäusserung bleibt selbstverständlich gewährleistet. Blosse Gesinnungen oder private Äusserungen sind keinesfalls verboten.“ Dass man bundesrätliche Beteuerungen vor Tisch anders liest, ist seit der EWR-Abstimmung leider der Normalfall.

Solange Georg Kreis noch keine öffentlichen Verbrennungen durchführen darf, braucht man ihn nicht weiter zu beachten. Weit schwerwiegender als sein Gerede ist die Selbstzensur, der sich ein Teil unserer Medienschaffenden freiwillig unterwirft. Das ist überraschend, denn diese Branche lebt von der Freiheit, und sie sollte sich hüten, diese als staatlichen Gnadenakt zu betrachten. Freiheit erhält man nicht geschenkt. Für seine Freiheit muss man täglich einstehen. Anderer Meinung ist scheinbar Tages-Anzeiger Co-Chefredaktor Res Strehle, der im Chor mit Georg Kreis ein Verbot des besagten SVP-Plakats fordert. Man kann kaum glauben, dass der Mann einst durch die Strassen zog und das Verbieten verbieten wollte. Offensichtlich braucht es wenig Macht, um sich davon korrumpieren zu lassen.

Stützen der Macht

Medienschaffende bezeichnen sich gerne als Hüter der Demokratie, als Kontrolleure von Justiz, Regierung und Verwaltung. Das ist Theorie. In der Praxis leben die Medien mit den von ihnen zu kontrollierenden Institutionen längst in einer Symbiose.

 

Die Fähigkeit zu kritischem Denken scheint abhanden gekommen zu sein. Selbst Medienkonferenzen der Obrigkeit, an denen keine Fragen gestellt werden dürfen, und stattdessen ex cathedra verkündet wird, was als gültig zu betrachten ist, werden brav hingenommen.

 

Was im Bund seit längerem für Wohlgefühl unter den Magistraten sorgt, wird auch im Kanton Zürich zur Tradition. Auch hier lassen sich Journalisten Unglaubliches gefallen – so lange es aus dem Kaspar Escher-Haus kommt. Massgeblich ist, was die Regierung will. Ihr will man gefallen. Ein Beispiel: Da wird für viel Geld ein 210-seitiger Bericht über die Situation der Muslime im Kanton Zürich verfasst. Man kann davon ausgehen, dass ein solcher bei unserer Bevölkerung auf ein gewisses Interesse stossen dürfte. Der Regierung ist der Bericht allerdings – verständlicherweise –  etwas peinlich. Sie hat ihn nur erstellen lassen, weil sie durch einen parlamentarischen Vorstoss dazu verpflichtet worden ist. Es ging also darum, die Sache möglichst ohne öffentliches Aufsehen über die Bühne zu bringen. Was tut man in einer solchen Situation? Man legt den Termin der Medienkonferenz auf den Nachmittag eines Tages, an dem eine seit Monaten angekündigte Bundesratswahl stattfindet. Damit wird die Recherchearbeit der Journalisten massiv erschwert, was besonders bei einem so umfangreichen und wichtigen Bericht von Belang ist. Und zweitens ist klar, dass die Bundesratswahlen alles andere dominieren werden. Entweder war es ein absoluter Dilettant, der den Termin für die Medienkonferenz festgelegt hat, der unverzüglich entlassen gehört, oder der Termin wurde ganz bewusst so gesetzt. Das wäre eine gezielte Manipulation, und müsste ebenfalls Konsequenzen haben.

 

Die Medien ihrerseits scheint das nicht zu interessieren. Sie tun brav, was die Regierung von ihnen erwartet – und berichten auch über die Ratsdebatte bloss in einer Randnotiz. So haben weder die Regierung noch die Muslime einen Grund, sich zu ärgern.